Was macht ein Pionier statt Ruhestand? Unser Firmengründer Albrecht von Dewitz macht einfach weiter! 

2009 übergab Albrecht von Dewitz die Geschäftsführung seines Unternehmens an Tochter Antje – 35 Jahre nach der Firmengründung als einer der Pioniere, der Outdoor-Branche. Gute Voraussetzungen, um entspannt die Füße hochzulegen und den Ruhestand zu genießen?

Nicht für Albrecht von Dewitz. Er bleibt uns bei VAUDE weiterhin als Beiratsvorsitzender erhalten, rief die „VAUDE Sport Albrecht von Dewitz Stiftung“ ins Leben und ist Geschäftsführer des Bergsport-Ausrüsters und Kletterseil-Pioniers Edelrid. Und er hat kurz vor der Übergabe der Geschäftsleitung noch ein neues Unternehmen gegründet: in Vietnam.

Im Interview hat er uns erzählt, wie es dazu kam und was er noch alles vor hat. 

Tochter und Vater - Antje und Albrecht von Dewitz von VAUDETochter und Vater - Antje und Albrecht von Dewitz von VAUDE
VAUDE-Gründer Albrecht und VAUDE-Geschäftsführerin Antje von Dewitz Bild: VAUDE | Alwin Buchmaier

Albrecht von Dewitz gründete eine eigene Rucksackproduktion in Vietnam

Bereits 2008 hat Albrecht von Dewitz die neue Rucksackproduktion in Vietnam gegründet. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Erfahrungen mit der Produktion in Asien gesammelt. „Die Produktion von Rucksäcken in Deutschland war einfach zu teuer und auch die Ressourcen bzw. Kapazitäten für Mitarbeiter*innen und Materialien sind nicht vorhanden. Das begann z. B. bei der Schwierigkeit, genug qualifizierte Mitarbeiter*innen in der Fertigung zu finden – gerade beim Nähen – und endete bei den Lieferketten für Stoffe und Bauteile, die es in Deutschland kaum noch gab und gibt. Wir haben uns aber früh entschieden, die High-Tech-Fertigung wie das Hochfrequenzschweißen unserer wasserdichten Rucksäcke und Taschen in Deutschland zu belassen und auszubauen“, erinnert sich der Outdoor-Pionier in unserem Interview.

Bei den Rucksäcken sei die Zeit einfach reif gewesen, einerseits um weniger von externen Partnern abhängig zu sein und in Anbetracht der nahenden Firmen-Übergabe an seine Tochter Antje auch persönlich den nächsten Schritt zu machen.

«Es war eine strategische Entscheidung und die Suche nach einer neuen Herausforderung, die mich angetrieben haben, eine neue Produktionsstätte in Asien aufzubauen», erinnert sich von Dewitz.

Firmengebäude VAUDE VietnamFirmengebäude VAUDE Vietnam
Produktionsstandort von VAUDE Vietnam in Bỉm Sơn

VAUDE Vietnam fertigt für VAUDE Rucksäcke und Taschen

Also kaufte der Outdoor-Pionier 2008 eine Fabrik in Bỉm Sơn im Nordosten von Vietnam. Das Land hatte sich aus vielen Gründen als idealer Standort herausgestellt. Von Dewitz kannte Vietnam gut. Lieferketten, Infrastruktur und qualifiziertes Personal für die Fertigung technisch hochwertiger Produkte waren vorhanden. Von Anfang an mit von der Partie war sein erfahrener Wegbegleiter und unser ehemaliger Produktionsleiter Hansjörg Egger, dem auch nicht nach Ruhestand war und der bereits die Rucksack- und Taschenproduktion an unserem Stammsitz in Obereisenbach mit aufgebaut hat.

„Zu Beginn gab es noch ein gewisses Entwicklungsdefizit vor Ort. Speziell bei der technischen Ausstattung und den Maschinen haben wir viel Erfahrung mitgebracht“, so von Dewitz. Der Wissenstransfer findet heute längst in beide Richtungen statt. Bei den Maschinen und dem technischem Know-how vor allem von Deutschland nach Vietnam. Bei der Optimierung der Produktionskette und der Stringenz der Abläufe dagegen, entwickelt sich Vietnam durch die hohe Eigeninitiative der Menschen vor Ort so stark, dass es als Produktionsland dem Standort Deutschland mittlerweile in manchen Dingen voraus ist.

Firmengebäude VAUDE VietnamFirmengebäude VAUDE Vietnam
VAUDE beteiligt sich am Fashion Revolution Day und zeigt die Näher*innen, die am Produktionsstandort von VAUDE Vietnam Rucksäcke fertigen

Von 300 stieg die Zahl der Beschäftigten schnell auf über 1.000 

Die Mitarbeiter-Anzahl von VAUDE Vietnam in Bỉm Sơn wuchs stetig von einstmals 300 auf heute mehr als 1.000 Beschäftigte. Das liegt zum einen an der hohen Nachfrage, zum anderen am Absatzmarkt. Es werden dort nicht nur Produkte für VAUDE und Edelrid in Deutschland hergestellt, sondern auch für andere namhafte Sportartikelhersteller. Außerdem gilt VAUDE Vietnam auch als ein besonderer und attraktiver Arbeitgeber. Das Unternehmen ist geregelten Sozial- und Umweltstandards verpflichtet. Das fängt bei A wie Auditierung an und endet bei Z wie Zahlung von Löhnen.

«Wir waren mit VAUDE einer der ersten Bluesign-Partner, dem weltweit strengsten Standard für Umwelt- und Verbraucherschutz in der Textilproduktion überhaupt.»

Selbstredend, dass auch VAUDE Vietnam gemäß dem bluesign®-System arbeitet. Dazu kommen Auditierungen durch den TÜV Süd, PP/PSA-Zertifizierungen für Sicherheitskriterien und unabhängige Kontrollen der Arbeitsbedingungen durch die renommierte Fair Wear Foundation.

Nähsaal zur Musterung von RucksäckenNähsaal zur Musterung von Rucksäcken
Die Arbeitsbedingungen bei VAUDE Vietnam werden u. a. von der unabhängigen Fair Wear Foundation auditiert.

Gemeinsam feiern und sich gegenseitig unterstützen ist eine Wertschätzung gegenüber dem Land und den Mitarbeiter*innen.

VAUDE Vietnam ist ein beliebter Arbeitgeber. Die Löhne sind im Landesvergleich überdurchschnittlich mit bis zu zwei Monatsgehältern als zusätzlichem Bonus am Jahresende. Natürlich gibt es auch Herausforderungen und Bereiche, in denen kontinuierlich an Verbesserungen gearbeitet werden muss, so wird z. B. viel in die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter*innen investiert. „Das ist bei vietnamesischen Unternehmen eher unüblich“, erklärt von Dewitz und fügt hinzu:

«Wir feiern viel und gern, das ist VAUDE-typisch, aber hier in Vietnam auch eher selten. Unsere Mitarbeiter*innen lieben es und beteiligen sich mit eigenen Ideen und Veranstaltungen.»

Nach einer Flutkatastrophe produzierte VAUDE Vietnam Schulrucksäcke und spendete sie 

Insgesamt erfreut sich VAUDE Vietnam einer sehr homogenen Mitarbeiterschaft, die die hohe Wertschätzung durch das Unternehmen zurückgibt. Ein weiterer Grund ist das Engagement des Unternehmens im sozialen Bereich – nicht nur für die eigenen Arbeitnehmer*innen, sondern für das ganze Land. „Als es 2020 eine große Flutkatastrophe gab und viele Familien alles verloren haben, haben wir Schulrucksäcke produziert und zusammen mit Schulmaterial, Schlafsäcken und Decken gespendet. Unsere Leute schätzen das sehr und beteiligen sich stark daran.“

Belohnt wird er als Inhaber mit einer geringen Fluktuation und hohen Planbarkeit – die ist beiderseitig: „Wir sind ein zuverlässiger, berechenbarer Arbeitgeber und unsere Mitarbeiter*innen danken es uns durch Einsatz, Qualität und Vertrauen“, so von Dewitz.

Vietnamesische Schulkinder mit gespendeten SchulrucksäckenVietnamesische Schulkinder mit gespendeten Schulrucksäcken
Schulkinder freuen sich über eine Rucksackspende

Herausforderungen und Zukunftspläne der Produktion in Bỉm Sơn

VAUDE Vietnam in Bỉm Sơn arbeitet bereits an der Kapazitätsgrenze, ein nächster Erweiterungsschritt ist nicht möglich, da die Fläche des Geländes schlicht erschöpft ist. Gleichzeitig passiert in Vietnam zunehmend, was Südkorea und China bereits hinter sich haben – die Tech-Branche wird zum dominierenden Arbeitgeber, die Löhne steigen.

Was ist also der nächste Schritt? Ist Automatisierung eine Option? Kommt die Fertigung sogar nach Europa zurück? Roboter spielen in den Zukunftsplanungen des VAUDE-Gründers derzeit zumindest keine Rolle. In der Rucksackfertigung selbst gebe es dafür aktuell kaum sinnvolle Einsatzmöglichkeiten: zu klein die Serien, zu hoch die Varianten an Farben und Kleinteilen und zu weich die Stoffe. Textilproduktion bleibt außerhalb der Fertigungsperipherie wie bei Materialfluss und -transport oder Zuschnitt weiter Handarbeit.

Auch eine Rückkehr der Fertigung nach Deutschland bzw. Europa sieht von Dewitz nicht. Nicht nur wegen der Kosten. Es gibt in Deutschland die Ressourcen schlichtweg nicht mehr: Das Personal, die Lieferketten, die nötig sind, um zuverlässig eine große Textil- oder Rucksackproduktion zu bestreiten, befinden sich seit vielen Jahren in Asien.

Und wie geht es weiter? Eine Zukunft in Vietnam!

VAUDE Village in VietnamVAUDE Village in Vietnam
Zur bisherigen Wohn- und Gartenanlage VAUDE Village sollen neue Flächen kommen

«Wir haben keine Pläne, aus Vietnam wegzugehen, im Gegenteil: wir erweitern und wollen noch besser und moderner im Land produzieren.»

Um langfristig zukunftsfähig zu bleiben, hat unser Firmengründer also schon eine neue Fläche gekauft. Acht Hektar Land erlauben nicht nur viele Erweiterungsschritte in der Zukunft, sondern auch mehr Raum für Gärten, Gemeinschaftsräume, Zeit für die Mitarbeiter*innen, um etwas abzuschalten und viel Grün um die Fabrikation. Als echter Pionier macht Albrecht von Dewitz mit großem Tatendrang weiter!

Kleiner VAUDE Fun Fact für alle, die bis hierher gelesen haben :-)

Unser Firmenname VAUDE leitet sich aus den Initialen v.D. des Nachnamens unseres Firmengründers ab. Wenn man die Buchstaben V und D einfach als Vau und De ausgesprochen hintereinander setzt, wird daraus VauDe bzw. VAUDE. Und genau so spricht man es auch!