Fünf Dinge, die wir am Familien-Alltag mit Rad lieben

“Papa, guck mal, das Muster!” Es ist morgens noch kalt und ein Dunst liegt über den Dächern der Stadt. Unserer Tochter fällt das schöne Muster der Wellen auf dem Kanal auf und sie fragt, warum das Wasser diese Bewegungen macht. Wir können erklären, dass die Oberfläche des Wassers die ganze Zeit gegen den Wind kämpft und den verschiedensten Einflüssen ausweichen muss, aber das reicht ihr natürlich nicht. Ihr ist es aufgefallen, weil wir jeden Tag an diesem Ort vorbeikommen. Entweder mit dem Rad oder zu Fuß. Vor ein paar Wochen stand das Wasser so niedrig, dass wir im schlammig schleimigen Grund versunkene Fahrräder entdecken konnten. Noch ein paar Wochen vorher war die Oberfläche vereist und wir haben die Spuren der Möwen und Enten gesehen. All das hätten wir wahrscheinlich verpasst, wären wir mit dem Auto gefahren.

 

2019 trafen wir als Familie mit kleinen Kindern die Entscheidung, komplett auf ein eigenes Auto zu verzichten und stattdessen in unserem Alltag aufs Fahrrad zu setzen. In Norddeutschland. Nicht nur aus Ideologie, sondern ein eigenes Auto nutzte uns immer weniger, als es uns belastete. Und auch wenn es natürlich so manches Mal eine Herausforderung ist, lieben wir diese Art zu leben.

Diese fünf Dinge gefallen uns dabei besonders:

Draußen zu sein macht glücklich

Wir genießen es, so oft und lange draußen zu sein. Die warme Sonne kitzelt im Sommer auf der Haut, im Herbst kämpfen wir gegen den Regen und Wind, spüren die kalte Winterluft und erleben dann wieder die Aufbruchstimmung der Natur im Frühling - das hat alles seinen ganz besonderen Reiz. Wir nehmen diese Veränderungen viel intensiver wahr, lernen das Wetter so zu nehmen, wie es ist und können es sogar genießen. Und: wir Menschen brauchen Helligkeit. Licht macht uns glücklich. Selbst am dunkelsten Regentag haben wir draußen mehr Lumen als im hellsten, geschlossenen Raum. Und ein Auto ist letztendlich auch nichts anderes als ein geschlossener Raum.

Entspannung finden, ohne sie zu suchen

Die Wege im Alltag werden zur Entspannung. Auf den Strecken des Alltags ist es selten entspannt, denn in der Regel möchten die meisten einfach möglichst schnell irgendwo hinkommen. Für uns ist auch der Weg das Ziel. Egal, ob wir zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, setzen wir uns möglichst wenig dem Stress des Straßenverkehrs aus. Wir nutzen Schleichwege durch Gassen und Gärten, fahren auch mal Umwege durch den Park und halten spontan an, um die Schönheit um uns herum zu bewundern. Mit einem Auto unmöglich! Und für diese Momente müssen wir nur wenige Minuten mehr opfern. …aber ist es wirklich ein Opfer?

Es gibt so viel zu entdecken

Unsere Kinder bekommen ein besseres Gespür für die Umgebung und die Natur. Sie merken sich Wege, die sie selbst laufen oder fahren können, bekommen automatisch viele Eindrücke und gestalten unsere Wege mit. Jede Stadt bietet Möglichkeiten, kleine Dinge zu entdecken und zu erleben, ohne einen großen Ausflug zu machen. Oft sind es unsere Kinder, die uns auf einen besonderen Vogel am Kanal oder die Tulpen am Wegesrand aufmerksam machen. Und dann haben wir die Möglichkeit, mit ihnen darüber zu sprechen und mehr aktive Zeit zu verbringen.

Fahrräder haben viele Vorteile

Die Wege sind besser planbar. Je nach Länge der Strecke ginge es mit einem Auto zwar teilweise schneller als mit dem Fahrrad. Aber dafür wissen wir immer schon vorher, wie lange wir für gewisse Strecken brauchen, denn auf dem Radweg gibt es keinen Stau und auch Gegenwind macht uns dank Elektrounterstützung nichts aus. Darüber hinaus entfällt die lästige Parkplatzsuche, denn in den meisten Fällen stehen wir sogar direkt vor der Tür.

Bewegung bekommen, Zeit gewinnen

Selbst wenn wir keinen Sport treiben würden, bekommen wir jeden Tag Bewegung. Das ist ein riesiger Beitrag zu unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden. Gerade mit Kindern sind wir sowieso den ganzen Tag aktiv und auf den Beinen. Aber dank der täglichen Strecken, die wir mit eigener Kraft zurücklegen, bekommen wir mehr Bewegung, als wenn wir sie mit dem Auto fahren würden und als Kompensation zweimal pro Woche ein Fitnessstudio besuchen. Dadurch haben wir ebenfalls wiederum mehr Zeit für Dinge, die uns Spaß machen. …wie Sport zum Beispiel :D

 

Alle Strecken im Alltag mit dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen ist natürlich nicht für alle praktikabel und hängt stark davon ab, wo ihr wohnt und wie eure Lebenssituation ist. Aber hier sind ein paar Tipps und Punkte, die es euch vielleicht erleichtern, das Auto öfter stehen zu lassen:

1. Fragt euch, welche Wege im Alltag notwendig sind und ob sich einige verkürzen ließen oder komplett entfallen könnten.

2. Mehrere kleinere Einkäufe über die Woche verteilt lassen sich leicht zu Fuß oder mit dem Rad mitnehmen, im Gegensatz zu einem großen Einkauf pro Woche.

3. Carsharing kann in vielen Fällen ein eigenes Auto ersetzen, da ihr ein Auto ausleihen könnt, welches zu eurem jeweiligen Bedarf passt.

4. Ein E-Bike oder E-Lastenrad macht Strecken planbar und ihr könnt jede Menge mitnehmen. Es senkt definitiv die Hemmschwelle, das Rad statt eines Autos zu nutzen.

5. Gute Bekleidung nimmt den Schrecken vor Regenwetter und kalten Tagen. Warme, atmungsaktive Bekleidung hilft, dass ihr euch auch dann auf dem Rad wohl fühlt, wenn ihr lieber drinnen geblieben wärt. Und auch an besonders heißen Tagen hilft ein Shirt aus Merinowolle oder Funktionsmaterial, um sich länger frisch zu fühlen.

Probiert es eine Zeit lang aus, der Perspektivwechsel ist es wert! Jetzt fängt der Frühling an, die schönste Zeit fürs Radfahren und draußen sein. Auf in ein weiteres Jahr ohne Auto!

Text und Bilder: Radelbande