Teil 1: Ausrüstung, Schwierigkeitsskala und Sicherheit

Klettersteige sind für viele Menschen das Bindeglied zwischen sportlichem Bergwandern und alpinem Bergsteigen und ermöglichen einzigartige Gipfelerlebnisse, die für Wandernde nicht erreichbar sind. In Teil eins unserer Mini-Serie erklären wir, was Klettersteige genau sind, welche Ausrüstung Klettersteiggeher*innen benötigen und wie der Einstieg in den Aufstieg gelingt.

Stahlseil zur Sicherung, Metallstifte im Fels und ein grandioses Panorama. Das ist ein Klettersteig. Foto: Moritz Attenberger

Was ist ein Klettersteig?

Klettersteige sind eine Mischung aus anspruchsvoller alpiner Wanderung und technischer Kletterei. Ihre Besonderheit: Ein mitlaufendes Drahtseil aus Stahl, in das ein sogenanntes Klettersteigset eingehängt wird, sorgt für Sicherheit und dient gleichzeitig als Aufstiegshilfe. Das Stahlseil ist alle paar Meter mit Haken oder Ösen im Berg verankert. Solche Ösen führen nicht nur das Stahlseil nah am Fels, sondern halten im Extremfall (Sturz) auch die Karabiner des Klettersteigsets (siehe Ausrüstung).

Zusätzliche Griff- oder Tritthilfen, wie Stahlstifte, -klammern oder Leitern erleichtern das Vorankommen. Daher hat der Klettersteig auch seinen international bekannten italienischen Namen: Via Ferrata. Der Eisenweg.

Je nach Schwierigkeit sind mindestens anspruchsvolle Steilstellen abgesichert. Gerade im steileren Gelände und in sogenannten Sportklettersteigen läuft das sichernde Stahlseil aber durchgängig mit.

Steil und ausgesetzt. Klettersteige können auch anspruchsvoll sein. Foto: Moritz Attenberger

A bis E, K1 bis K6, blau oder schwarz? So schwierig ist der Klettersteig

Es gibt verschiedene Skalen, um die Schwierigkeit eines Klettersteigs zu beschreiben. Unsere Partner vom Deutschen Alpenverein (DAV) haben die gängigsten Skalen und ihre Bedeutungen in einer praktischen Übersichtsseite zusammengefasst. In den meisten Skalen erlauben Zwischenstufen eine besonders präzise Einschätzung.

Verschiedene Skalen geben die Schwierigkeit eines Klettersteigs an. Grafik: DAV

Im deutschsprachigen Raum sind vor allem zwei Bewertungssysteme weit verbreitet:

1.      A bis E: Die Schall-Skala

Nach seinem Erfinder, dem österreichischen Bergverleger Kurt Schall, benannt, unterscheidet die Schall-Skala Schwierigkeiten zwischen A (leicht) und E (extrem schwierig), in seltenen Fällen sogar E/F für außergewöhnliche Schwierigkeiten.

2.      Die Hüsler-Skala

Ebenfalls nach seinem Erfinder, Eugen Hüsler aus der Schweiz, ist die Hüsler-Skala benannt: Zwischen K1 (leicht) und K6 (extrem schwierig) variieren hier die Schwierigkeiten.

Wie auch die anderen gebräuchlichen Skalen werden beide vor Ort im Klettersteig oft mit einem schnell und intuitiv verständlichen Farbcode analog zur Schwierigkeit von Skipisten oder Mountainbike-Strecken ergänzt. Blau steht hier für „leicht“, rot für „mittelschwer“ und schwarz für „extrem schwierig“.

Die richtige Ausrüstung für den Klettersteig

In einer Via Ferrata sind vor allem drei Dinge Pflichtausrüstung, um im Extremfall den Absturz zu vermeiden. Aber auch die andere Ausrüstung ist wichtig!

  • Klettersteigset: der Kern der Sicherheitsausrüstung im Eisenweg. Ein Klettersteigset besteht aus zwei meist elastischen Armen, die mit einem einhändig bedienbaren Karabiner in das Sicherungsseil eingehängt werden und einem im Set vernähten Bandfalldämpfer. Dieser reißt im Sturzfall auf und stellt den „Bremsweg“ zur Verfügung, damit die Sturzenergie nicht direkt in den Körper schlägt. Das Klettersteigset besitzt eine Einbindeschlaufe, die mit einem Ankerstich mit dem Klettergurt verbunden wird.
  • Klettergurt: Der Klettergurt verbindet Klettersteigset und Körper. Üblich ist ein verstellbarer Sitzgurt, wie er z. B. auch beim Sport- und Alpinklettern eingesetzt wird. Für Kinder können Komplettgurte sinnvoll sein. Hier liegt der Einbindepunkt höher. Das verhindert, dass Kinder, deren Körperschwerpunkt höher liegt als der von Erwachsenen, nach hinten pendeln.
  • Helm: Im Klettersteig ist ein Helm Pflicht. Er schützt vor herabfallenden oder von anderen Klettersteiggeher*innen losgetretenen Steinen oder Geröll.
Ganz schön anspruchsvoll! Foto: Moritz Attenberger
  • Handschuhe: Eisen und Stahl sind in Klettersteigen allgegenwärtig. Spezielle Kurzfinger-Handschuhe erhalten das Griffgefühl bloßer Hände, aber schützen die Handflächen vor Verletzungen, z. B. wenn Du in das Stahlseil oder an einen Stahlstift greifst.
  • Rastschlinge (optional): Nicht zwingend notwendig, aber sehr praktisch ist eine sogenannte Rastschlinge. Das ist eine meist um die 60 Zentimeter lange Bandschlinge, die an der einen Seite per Ankerstich mit einem Verschlusskarabiner und auf der anderen Seite ebenfalls per Ankerstich mit dem Klettergurt verbunden wird. Die Rastschlinge erlaubt, sich auch in senkrechtem oder überhängendem Gelände auszuruhen, ohne den Bandfalldämpfer zu belasten, indem der Karabiner z. B. in eine Eisenklammer oder einen Sicherheitspunkt eingehängt wird. Manche Klettersteigsets besitzen ab Werk eine Rastschlinge. Aber Achtung! Die Rastschlinge ist kein Sicherungsgegenstand. Sie ist statisch und nicht in der Lage, Sturzenergie aufzunehmen. Deshalb gehört ihr Karabiner während des Klettersteiggehens immer sicher und verwechslungsfrei an den Materialschlaufen des Klettergurts fixiert.
  • Weitere Ausrüstung: Ein leichter und körpernah sitzender Rucksack, wie z. B. aus unserer Rupal Light-Serie für Essen, Getränke, Kleidung, Karten, Smartphone und Co. sollte im Klettersteig immer dabei sein. Zustiegschuhe oder feste Bergstiefel eignen sich für Eisenwege am besten. Spezielle Kletterschuhe werden nicht benötigt, normale Turnschuhe sind nicht fest genug. In den Bergen immer wichtig: Witterungsangemessene, vielseitige Bekleidung, am besten im Zwiebelprinzip. Dazu gehört in jedem Fall eine leichte und klein verpackbare Regenjacke und ggf. eine Wärmeschicht für die Pause, denn das Wetter in den Bergen kann sich schnell ändern. Außerdem immer dabei: ein Erste-Hilfe-Set.
Mit der richtigen Ausrüstung macht der Klettersteig doppelt so viel Spaß! Foto: Moritz Attenberger

Begehung und Sicherung

Die Karabiner des Klettersteigsets werden in das mitlaufende Sicherungs(stahl)seil einer Via Ferrata eingehängt. Du solltest grundsätzlich immer beide Karabiner einhängen. An den Ösen, die das Drahtseil im Fels verankern, wird immer erst einer, dann der zweite Karabiner gelöst und auf der anderen Seite eingehängt, niemals beide gleichzeitig. So ist immer mindestens ein Karabiner mit dem Stahlseil verbunden.

In steilen Passagen ziehst Du die Karabiner automatisch mit der Aufstiegsbewegung am Seil nach oben. Ist es flach, kannst Du die Karabiner mit einer Hand am Stahlseil weiterschieben, während Du Dich gleichzeitig daran festhältst.

Wichtig; Beide Karabiner ins Sicherungsseil! Foto: Moritz Attenberger

Exkurs: Stürzen verboten!

Trotz der umfangreichen Sicherheitsausstattung gilt im Klettersteig: Stürzen verboten! Der Bandfalldämpfer ist wie der Airbag im Auto: Das lebensrettende Sicherheitsnetz im absoluten Extremfall.

Warum? Das hat mehrere Gründe:

  • Die Sturzbelastung im Klettersteig ist, im Vergleich etwa zum Hallenklettern mit einem Dynamikseil, selbst mit einem modernen Klettersteigset deutlich höher. Fangstoß und Sturzfaktor, die Maße, die die Belastung für den Körper bzw. die Schwere eines Sturzes beim Klettern bezeichnen, liegen leicht um ein Mehrfaches über den Werten des Seilkletterns. Das liegt daran, dass selbst nach den neuesten Normen aus Platzgründen das Aufreißband des Bandfalldämpfers nur 2,2 Meter lang ist, das Klettersteigset die Sturzenergie also auf einem kürzeren Weg, sprich härter, abbremsen muss, als ein Kletterseil.
  • Nach einem Sturz ist der Bandfalldämpfer wie der Airbag im Auto oder ein Fahrradhelm nach dem Aufprall irreparabel geschädigt. Der weitere Weg erfolgt also ungesichert.
  • Die Aufstiegshilfen wie Stahlstifte, Eisenklammern oder Leitern sind im Sturzfall ein Verletzungsrisiko.

Wenn trotz aller Vorsicht trotzdem ein Sturz passiert, sollte das Klettersteigset in jedem Fall getauscht werden. Es würde ja auch niemand einen ausgelösten Airbag ins Lenkrad zurückstopfen, oder?

Und jetzt: Viel Spaß! Foto: Torsten Wenzler

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